NEPAL
Vielen
Reisenden wird Nepal als das Trekkingland ein Begriff sein, manchen
fällt bei Nepal vielleicht noch der Mount Everest als höchster
Berg der Welt ein. Das Land liegt in Südasien zwischen Indien
im Süden und Tibet im Norden, welches heute von China annektiert
ist. Nepal hat jedoch weitaus mehr zu bieten als die atemberaubenden,
schneebedeckten Berglandschaften, was sich jedoch erst bei genauerer
Betrachtung der Bevölkerung und des sozialen Lebens erschließt.
Neben dem Hinduismus, der Nepal sehr stark über viele Jahrhunderte
geprägt hat, gibt es viele interne politische, soziale und ethnische
Probleme. Gerade erst vor wenigen Jahren wurde die Hindu-Monarchie
nach zehn Jahren Bürgerkrieg abgeschafft und der Versuch einer
demokratischen Republik unternommen. Doch bis heute bleibt Nepal ein
Entwicklungsland und eine weit um sich greifende Korruption spaltet
die Bevölkerung in arm und reich. Um einen Blick hinter die Berglandschaft
Nepals zu werfen und sich mit dem Leben der Menschen dort zu beschäftigen,
soll dieser Bericht ein paar Hintergrundinformationen liefern.
Nepal
war bis zum Jahre 2006 das einzige hinduistisch regierte Königreich
der Welt, in dem der Hinduismus Staatsreligion war. Durch die Volksaufstände
Jana Andalon I & II (1990 und 2006) wurde der letzte König
Gyanendra Bir Bikram Shah Dev am 21. April 2006 von seinem Thron gestürzt.
Unterstützt wurde dieser Volksaufstand durch die maoistische
Befreiungsarmee der People's Liberation Army.
Das Land wird geographisch geprägt von den hohen Gebirgszügen
des Himalajas, die im Norden an Tibet grenzen. Der höchste Berg
der Welt, der Mount Everest mit seinen 8.850 Metern wird von beiden
Seiten der Grenze jährlich von unzähligen ausländischen
Touristen bestiegen. Unterhalb dieses Hochgebirges liegt das Mittelgebirge
und läuft schließlich in das flache Tiefland aus. Dieses
Mittelgebirge bildet das Kernland und hier befinden sich die beiden
großen Städte Kathmandu und Pokhara. Das Tiefland wird
als Terai bezeichnet und grenzt an Indien. Hier leben fast
50% der Gesamtbevölkerung Nepals. In diesen unterschiedlichsten
Höhenlagen leben die knapp 30 Millionen Menschen, die sich aus
den verschiedensten Volksgruppen zusammensetzen. Einige der Volksstämme
sind vor vielen Hundert Jahren aus dem tibetischen Hochplateau eingewandert,
andere Siedlungsgeschichten einiger Ethnien liegen jedoch im Dunkeln.
Nepal ist ein sehr religiöses Land und die Menschen werden vor
allem durch den Hinduismus geprägt, der im Jahre 205 n.Chr. durch
indische Eroberer in Nepal mit dem bis heute gültigen Kastensystem
eingeführt wurde. Das Kastenwesen hat gewaltige Auswirkungen
auf die Gesellschaft und ruft große soziale Probleme hervor.
Fast 80% der Gesamtbevölkerung Nepals sind Hindus. Als zweite
große Glaubensrichtung steht dagegen der buddhistische Mahayana
Glauben (das große Rad). Der Buddha selbst wurde in der südnepalischen
Stadt Lumbini geboren, die heute ein Pilgerort für unzählige
Buddhisten und Touristen geworden ist.
1990 kam es zum ersten Volksaufstand gegen die hinduistische Herrschaft
des Königs und es wurden die ersten demokratischen Wahlen abgehalten.
1996 bewaffneten sich maoistische Freiheitskämpfer und solidarisierten
sich mit den ethnischen Volksgruppen des Landes. Sie sammelten sich
in der People's Liberation Army und kämpften gegen die
Herrschaft des Königs und gegen das Kastensystem. Gegen Ende
des Bürgerkrieges hatte die maoistische Befreiungsarmee knapp
80% des gesamten Landes unter ihrer Kontrolle.
2001 wurde der herrschende König Birendra Bir Bikram Shah Dev
durch ein Massaker ermordet und sein Bruder Gyanendra Bir Bikram Shah
Dev übernahm den Thron. Er erklärte sich 2005 zum absoluten
Herrscher.
Als es im April 2006 zu dem erneuten Volksaufstand Jana Andalon
II kam, musste der König seinen Palast verlassen und es wurden
demokratische Wahlen zugelassen, um eine neue Regierung zu bilden.
Am 10. April 2008 gewannen die Maoisten die demokratischen Wahlen
und die Monarchie war in Nepal endlich Geschichte. Am 15. August 2008
wurde der ehemalige Maoisten Anführer Pushpa Kamal Dahal Prachanda'
zum Premierminister gewählt. Bereits wenige Monate später,
am 09. Mai 2009, trat er von seinem Posten wieder zurück und
die neue Regierung Nepals befindet sich seitdem in einem politischen
Chaos. Bis Ende Mai 2010 will sie eine neue Verfassung schreiben,
doch die Arbeit hieran geht bislang nur schleppend voran und wird
durch politische Diskussionen und Auseinandersetzungen in die Länge
gezogen.
Es gibt erneute Autonomiebestrebungen einiger Gruppen im Terai-Tiefland
und es werden vermehrt Attentate auf kritische Journalisten verübt.
Einige davon erfolgreich, als im Januar 2010 die Journalistin Uma
Singh und im März 2010 der Journalist und Radiointendant Arun
Kumar Singhaniya ermordet wurden. Konservative Hindus fordern ebenfalls
die Rückkehr zu einem hinduistisch orientierten Staat. Nepal
ist weiterhin ein Entwicklungsland und vor allem der Landbevölkerung
kommt nur eine geringe Förderung ihrer einfachen Lebenslage zu
Gute. Nepal ist eines der korruptesten Länder der Welt und die
vielen Millionen Euro an Spenden enden häufig in den Taschen
von Privatpersonen und erreichen die notleidende Bevölkerung
niemals. Nicht selten wurde die Verteilung der Spenden hin zu der
Landbevölkerung durch politische Gründe be- und sogar verhindert.
Die Verwandlung Nepals zu einem gleichberechtigten und demokratischen
Staat steckt noch in den Kinderschuhen und viele Hürden sind
noch zu meistern. Zur
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Über
den Fotografen
Nicholas Ganz (Internet: www.keinom.com
/ Email: info@keinom.com
) lebt
und arbeitet als freier Fotograf und Autor in Essen. 2004 veröffentlichte
er sein erstes Buch "Graffiti World" über die
weltweite Graffiti Kultur. 2006 erschien sein Buch "Graffiti
Woman" über die Frauen in der internationalen Graffiti
Bewegung. Seit mehreren Jahren arbeitet und recherchiert Nicholas in
Asien und beschäftigt sich dort mit dem Leben einfacher Menschen
und den dortigen Widerstandsbewegungen. Zusammen mit der Co-Autorin
Elena Jotow schrieb er das Buch "Burma - the alternative guide",
welches seit 2009 erhältlich ist. Das Burma Buch zeigt das Land
in seiner breiten Faszination, von den goldenen Pagoden bis hin zu den
tragischen Auswirkungen der Militärdiktatur. Seit 2008 reist Nicholas
nach Nepal, um dort die Situation der Exiltibeter zu dokumentieren.
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