Übersetzung
des Interviews mit Constance Etchu
Traudi Pichlmeier:
Constance, kannst du uns erzählen, was dir gestern passierte, warum du
umverteilt werden solltest, warum du dich weigertest und was gestern morgen
passierte?
Constance Etchu: Danke, dass ich die Gelegenheit habe, zu erklären,
was mir gestern passierte. Normalerweise, wenn du ein, zwei, drei Monate
in Jena Forst bist, wirst du umverteilt, denn Jena Forst ist das Transitlager
für alle. Ich sollte also nach Gera umverteilt werden. Ich ging und protestierte,
dass ich nicht nach Gera wollte, wegen der vielen Nazis dort. Ich war
schon dort gewesen und hatte festgestellt, dass alle dort, vor allem die
wenigen Schwarzen dort, nur Französisch sprechen. Mir war klar, dass es
keine Kommunikationsmöglichkeit zwischen mir und den Schwarzen dort geben
würde. Ich würde dort also sehr einsam sein. Also sagte ich ihnen [der
Heimleitung], warum ich nicht nach Gera gehen wolle. Doch Frau Krüger
[die Heimleitung] sagte mir, ich müsse nach Gera. Ich flehte sie an, dass
man den Ort verändern solle, doch sie verwehrte mir den Wunsch und sagte
ich müsse nach Gera gehen.
Am 13. Februar am frühen Morgen um 8 Uhr kam ein Angehöriger des Sicherheitsdienstes
und klopfte an meine Tür und sagte, ich solle mich für den Transfer fertig
machen. Ich sagte ihm, dass ich die Leute vorher schon informiert hätte,
dass ich nicht nach Gera wolle. Er fragte mich, warum und ich gab ihm
die Gründe an. Er ging zum Sozialdienst und der Sozialdienst rief nach
mir. Ich ging hin, und man gab mir ein Blatt zum Unterschreiben. Ich weigerte
mich, weil ich nicht nach Gera wollte. Sie sagten mir ich solle Frau Krüger
sehen. Ich ging hin und sie wollte nicht einmal dass ich ihr nahe komme
und sie sagte, dass ich nach Gera gehen müsse. Ich verneinte. Ich würde
nicht nach Gera gehen.Sie nahm das Papier vom Sicherheitsdienst und sie
und der Mann vom Sicherheitsdienst machten die Unterschrift für mich.
Sie sagten mir, ich müsse nach Gera gehen. Ich sagte ihnen, dass ich nicht
nach Gera gehen würde. Der große Mann vom Sicherheitsdienst informierte
mich, dass sie die Polizei rufen würden. Ich sagte ihm, das sei kein Problem.
(...)
Später kam ein Polizist zusammen mit einer Polizistin. Sie stellten mir
keine Frage. Ich stand in einer Ecke des Raumes. Die Polizistin war so
ärgerlich. Sie stieß mich und sagte (verächtlich): "Afrika!" und ging
an mir vorbei.
(...)
Der Polizist und die Polizistin und ein Mann vom Sicherheitsdienst hielten
meine Hand nach hinten und legten mir Handschellen an. Sie brachten mich
durch das Gitter nach draußen und zwangen mich in das Auto. Sie versuchten
mich in den Wagen zu zwingen, doch ich weigerte mich einzusteigen.
Sie realisierten, dass ich sie (unverständlich - die Redaktion) ], denn
ich benützte meine Ellbogen, um mich dagegen zu wehren ins Auto einzusteigen.
[unverständlich - die Redaktion], und dann ließen sie los. (Sinngemäße
Übersetzung:) Ich wehrte mich mit den Ellbogen, ins Auto einzusteigen.
Schließlich ließen sie los.
Ich fiel auf den Boden. Ich drohte unter den Wagen zu rutschen. Ich sagte,
dass ich lieber sterben wollte als nach Gera zu gehen, ich könne nicht
nach Gera. Ich fing an zu weinen. Meine Hände waren noch immer hinten.
Der Polizist kam und hielt mich fest. Er fragte mich: Wirst du nach Gera
gehen? Ich antwortete, dass ich das nicht werde. Das war der Moment, wo
er sein eines Bein auf meinen Magen stellte. Sein Bein stand etwa zwei
Minuten auf meinem Bauch, dann nahm er es zurück und stieg damit auf meine
Brust. Ich weinte und schrie. Dann nahm eine Sicherheitsbeamtin wahr,
dass ich mich hin und her wand und dass ich schrie, dass mich nicht der
Mann schlagen, sein Bein nicht auf meine Brust stellen sollte. Sie kam
her und stieß mit ihren Beinen mein Gesicht [used her legs on my face]
und sagte mir dabei, dass ich nach Gera müsse. Ich schrie immer noch,
dass ich nicht nach Gera gehen werde.
(...)
Also trugen sie mich zum Polizeiwagen. Wieder sagten sie, dass ich nach
Gera zu gehen hätte und ich verneinte, sagte, dass ich nicht würde. Mein
eines Bein war am Rad des Polizeiautos, mein anderes dahinter. Der eine
Mann benutzte seine Hände, er schlug meinen Kopf gegen das Polizeiauto.
Er fragte mich: Gehst du nach Gera? Ich weigerte mich. Also schlug er
jetzt mit seinen Händen meinen Magen. Wegen der Schmerzen beschloss ich,
in das Auto zu steigen.
Wir waren kurz davor auf die Bundesstraße einzufahren, als die Polizistin
den Polizisten informierte, dass sie mich angurten müsse. Also hielt der
Polizist an und die Frau gurtete mich an. Ich bat sie, dass sie mir doch
bitte die Handschellen abnehmen solle, da meine Hände schmerzten. Der
Polizist war so ärgerlich, warum ich überhaupt den Mund aufmache? Er stieg
aus dem Wagen [und kam nach hinten] und nahm ein kleines Ding, wie ein
Messer und zerriss damit meinen Pullover. Ich fing an zu schreien: "Ihr
wollt mich ja umbringen, was habe ich euch getan?! Ihr wollt mich ja umbringen,
was habe ich euch getan?!"
Die Frau war jetzt so ärgerlich, dass sie sich aufrichtete und meinen
Nacken nach unten drückte. Sie presste meinen Nacken nach unten, bis wir
nach Gera kamen. Sie schrien "Afrika", "Afrika" und lachten dabei. Der
Polizist sagte: "Fuck you, fuck you, Afrika." Ich weinte, bis wir nach
Gera kamen. Als wir in Gera ankamen, befahlen mir der Polizist und jemand
vom Sicherheitsdienst, aus dem Wagen auszusteigen. Aber ich sagte, ich
werde nicht aussteigen und blieb sitzen.
(...)
Ich wurde mit Gewalt nach Gera gebracht. Jetzt bin ich dort. Meine Unterschrift
wurde gefälscht. Es war nicht meine Unterschrift, durch die ich nach Gera
kam und jetzt bin ich in Gera. Ich appelliere wirklich an euch, dass ihr
mir helft, dass ich aus Gera rauskomme. Ich bin wirklich traurig in Gera.
Ich glaube, ich werde meines Lebens nicht glücklich, es sei, ich komme
weg von hier. Und ihr alle wisst, wenn ein Mensch nicht glücklich ist,
was dieses Unglück für sein Leben kosten kann. Und ich will wirklich kein
Opfer davon werden. Ich appelliere an euch und bitte euch, dass ihr mit
mir etwas dafür unternehmt, dass ich in ein anderes Heim komme.
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Video:
Stefan Kretzschmar/Traudi Pichlmeier/Umbruch Bildarchiv
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(7'22 Min.) Den dafür benötigten Real
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