Farbimpressionen aus Indien, 1991 / 1193m
Fotos und Texte von Otto Göpfert

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1193m

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...Wo am Abend Randale angesagt ist, der Alkohol reichlich fließt und die Rajasthanis neben der offiziell nicht gern gesehenen Alkoholflasche auch zur Opium-Pfeife greifen.
...Wo der hitzige Herbergswirt brüllend vor Wut mit dem langen Küchenmesser in der Hand auf die Straße stürzt in eine Gruppe farbesprühender Jugendlicher und mit dem Messer fuchtelt - Messerstecherei, Totschlag, Menschenauflauf befürchtet wird; die Jugendlichen sich dann friedlich zerstreuen, der Wirt beruhigt in seine Herberge zurückkehrt.
...Wo die Hunde lauter als sonst den vollen Mond anheulen und die rot und blau besprühten heiligen Kühe länger als üblich in den schmalen Gassen sich drängen, bevor sie sich irgendwo auf die Fahrbahn schlafen legen.
...Wo in der Ferne der Zehn Uhr-Zug eindringlicher als sonst zum Einsteigen zur nächtlichen Fahrt nach Jodhpur auffordert, ein Rest von Archaischem in dieser Nacht die dünne Zivilisationsschale des Menschen zerbricht und die Touristen dies ahnen und verunsichert durch die dunklen Gassen eilen - der sicheren Hotelabsteige entgegen.

...Wo mich ein Rausch erfaßt und ich schreibe. Das sind die besonderen Augenblicke in meinem Leben.
...Wo ein junger Mann auf der Straße eine Frau mit roter Tinktur traktiert, sie besprüht und die Frau ruhig seine wilde Attacke über sich ergehen läßt - über und über mit Farbe bespritzt und von den vielen Angriffen durchnäßt und wie aus einem blutigen Bad gestiegen. Wie sie ihrerseits den nun ruhig dastehenden Mann mit ihrem farbnassen Schal peitscht. Ein emotionaler Ritus, der unangenehme Assoziierungen mir weckt und der nicht ohne erotische Ausstrahlung ist.
...Wo am 1. März pünktlich um vier Uhr nachmittags der Zauber von einem Moment zum anderen verflogen ist, die Frauen eilig Straßen, Türen und Hauseingänge säubern, die Männer frisch gewaschen in sauberen weißen Hemden auf den Straßen umherschlendern, als sei das ganze "Holi"-Fest nur ein bunter Spuk gewesen - der Besucher sich erstaunt die Augen reibt und sich fragt: "War es nur ein Traum?"
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