Angemessene Entschädigung
statt Almosen für alle ehemaligen ZwangsarbeiterInnen
Morgen,
am 27.1., wird der Opfer des Faschismus und der Befreiung der Konzentrationslager
gedacht. Wir nehmen dies zum Anlass, nachdrücklich die Forderungen der
ehemaligen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter nach Entschädigung
statt Almosen zu unterstützen.
Während des Zweiten Weltkrieges wurden mehr als 10 Millionen Menschen
– zwei Drittel von ihnen Frauen – vor allem aus Polen und der ehemaligen
Sowjetunion (hier besonders aus der Ukraine) nach Deutschland verschleppt.
Sie mussten in der Industrie, aber auch in Handwerksbetrieben, auf Bauernhöfen,
in öffentlichen Einrichtungen, Kirchen oder privaten Haushalten Zwangsarbeit
leisten. Das westdeutsche sogenannte Wirtschaftswunder nach dem Krieg
wäre ohne die Zwangsarbeit nicht möglich gewesen.
Ohne den Druck, den Opferverbände in den USA ausübten, wären deutsche
Wirtschaft und Regierung nicht bereit gewesen, den Überlebenden das
ihnen zustehende Geld – das sowieso nie für alles »entschädigen« kann
– zu zahlen. Nur die Angst vor Schadensersatzklagen, vor der Beschlagnahmung
und Zwangsversteigerung deutschen Eigentums wegen der Entschädigungsklagen
griechischer Opfer des Naziregimes und davor, Absatzmärkte zu verlieren,
trieb sie zu dem Kompromiß, der zur Auszahlung einer ersten Rate Mitte
letzten Jahres führte.
Aber auch hier bewiesen die mit dem Umtausch in Zloty befaßten deutschen
Geldinstitute wie Dresdner Bank und Deutsche Bank, dass sie weiter an
jeder Mark sparen wollen: Mit dem schlechten Umtauschkurs gingen den
Überlebenden zunächst Tausende von Zloty verloren, und es mußte langwierig
nachverhandelt werden, bis Ende 2001 der deutschen Stiftung der Ausgleich
der entstandenen Verluste abgerungen werden konnte. Die Auszahlung der
zweiten Rate ist nicht in Sicht und es steht zu befürchten, dass ohne
Druck auch diese verzögert, gekürzt oder sogar ganz gestrichen wird.
Hierbei werden infamerweise auch Opfergruppen gegeneinander ausgespielt.
Ganz zu schweigen von all den ehemaligen ZwangsarbeiterInnen, die von
vornherein von Geldzahlungen ausgeschlossen wurden oder den Hundertausenden,
die keine Nachweise über ihre Zwangsarbeit erbringen können oder die
schon gestorben sind.
Um den Druck auf die deutsche Wirtschaft in dem Sinne zu erhöhen - sind
Initiativen in vielen Ländern nötig: Es hat sich gezeigt, dass die deutsche
Wirtschaft besonders sensibel auf Druck aus dem Ausland und dortigen
Imageverlust reagiert; - sind Aktionen auf verschiedenen Ebenen notwendig:
Von offiziellen Verhandlungen, über Boykottkampagnen gegen deutsche
Waren/Firmen, bis zu phantasievollen Happenings wie heute, muss alles
unternommen werden, um der deutschen Wirtschaft so viel Geld wie möglich
abzufordern.
Mercedes Benz war und ist einer der größten und wichtigsten Waffenproduzenten
Deutschlands. In den besetzten und annektierten Gebieten errichtete
Daimler-Benz in Zusammenarbeit mit der Wehrmacht viele »kriegswichtige«
Werke u.a. in Rzeszow. In allen diesen Werken setzte Daimler-Benz KZ-Häftlinge,
Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen ein: aus Auschwitz, Dachau, Ravensbrück,
Majdanek und Sachsenhausen. In das Daimler-Benz-Flugzeugmotorenwerk
in Genshagen waren über 1.000, hauptsächlich polnische Frauen verschleppt
worden, fast alle aus dem KZ-Ravensbrück. Darunter befanden sich viele
Teilnehmerinnen des Warschauer Aufstandes. Es war üblich, dass Vertreter
von Daimler-Benz in die Konzentrationslager kamen, um sich die Arbeitskräfte
persönlich auszusuchen, so auch für Genshagen. Nach dem Krieg weigerte
sich Mercedes bis zuletzt, Lohnansprüche der ehemaligen ZwangsarbeiterInnen
anzuerkennen. Statt dessen ist Mercedes wie die anderen Unternehmen
jetzt, nach über 50 Jahren Nichtstun, der »Stiftungsinitiative der deutschen
Wirtschaft« beigetreten und hat damit die »billigste« Lösung gefunden:
Das Stiftungsgesetz schließt Rechtsansprüche ausdrücklich aus und macht
aus Menschen mit Lohn- und Entschädigungsansprüchen AlmosenempfängerInnen.
Zwangsarbeit war und ist kein »moralisches, humanitäres Problem«, sondern
steht in der bösen Tradition deutscher »Ausländerbeschäftigung« und
Großmachtpolitik, und das gilt leider auch für die geringe »Entschädigung«,
wie sie Mercedes zu zahlen bereit ist.
Daher stehen wir – eine Gruppe deutscher und polnischer AktivistInnen,
die sich gegen Rassismus, Sexismus und Faschismus engagieren – heute
vor und in Mercedes Benz, um den lumpigen Beitrag der deutschen Wirtschaft
und damit auch den von Daimler Benz in die Höhe zu treiben! Kein
Vergessen, kein Vergeben für die Profiteure der Zwangsarbeit!
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"Traditionelle Fragen und die moderne Antwort" (Orginalwerbetext
Daimler Benz)
Foto: Umbruch-Bildarchiv
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