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THEMA: Antirassistisches Grenzcamp
ORT: Thüringen
ZEIT: 12. Juli - 19. Juli 2002
 

Camp 02 - a new challenge

5. Grenzcamp vom 12. bis 19. Juli 2002 in Jena

Als Auftakt ist ein Konzert in Planung, am letzten Tag dann will ein Konvoi, eventuell mit Zwischenstopkundgebung am Frankfurter Flughafen, direkt zum ersten internationalen nobordercamp nach Strasbourg (1) weiterziehen. Und die Tage dazwischen dürften wieder gut gefüllt sein, mit der schon campüblichen Mischung aus Diskussion und Aktivismus. ´Nach dem letztjährigen Camp in der "westlichen Metropole", in der unmittelbaren Nähe des Frankfurter Flughafens, kehren die Zelte für dieses Jahr zunächst in die "östliche Provinz" zurück. "Die inneren Grenzen im Visier", dieser für Frankfurt kreierte Slogan, behält allerdings seine Gültigkeit. Denn ein Schwerpunkt der Aktivitäten in Thüringen wird die alltägliche Isolation und Ausgrenzung von Flüchtlingen sein, deren prekäre Lebenssituation in den sogenannten Heimen und die ständigen rassistischen Kontrollen - zumeist auf Grundlage der Residenzpflicht, die in Thüringen besonders repressiv angewandt wird. Die Normalität der Abschiebungen, Kriminalisierung und Marginalisierung von Flüchtlingen soll für eine Woche durchbrochen oder zumindest lautstark mit unserem Widerspruch konfrontiert werden.` So thematisiert der diesjährige Aufruf erste Schwerpunkte und betont im weiteren die besondere Herausforderung des Camps 02: ´Die Entscheidung, das Camp dieses Jahr in Jena stattfinden zu lassen, ist (auch) als Schritt dahin zu verstehen, die Dominanz von weißen, mehrheitsdeutschen AntirassistInnen zu brechen, um in der Kooperation mit selbstorganisierten Flüchtlingsgruppen eine antirassistische identitätsübergreifende Organisierung voranzutreiben.



Kommentare zum Grenzcamp 2001 in Frankfurt am Main
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Denn Thüringen als Campaustragungsort hatte The Voice sowie die Brandenburger Flüchtlingsinitiative in die Debatte gebracht. Diese beiden Selbstorganisationen verbanden ihre Kritik an mangelnder Zusammenarbeit und Einbeziehung im letzten Camp mit diesem praktischen Vorschlag. In Jena befindet sich das zentrale Büro von Voice, hier bestehen am ehesten die Erfahrungen und Voraussetzungen, eine Vielzahl von Flüchtlingen zu mobilisieren und damit erstmals zu einer ganz neuen, "gemischten Zusammensetzung der Grenzcampgesellschaft"(2) zu kommen.

Mit dem Versuch, "eine gleichberechtigtere Vorbereitung und Organisierung des Camps zu erreichen"(2), wurde Mitte April bereits vielversprechend begonnen. 20 "schwarze" und 20 "weiße" AktivistInnen trafen sich in Jena, um über ihre Erfahrungen, Probleme und Perspektiven im Verhältnis von "refugees and nonrefugees" zu diskutieren. Who supports whom?, war eine der Ausgangsfragen. "Wir euch immer nur bei der Residenzpflichtkampagne", formulieren kritisch einige AntirassistInnen mit deutschem Paß. "Wir euch beim Aufbau einer mutltiethnischen offenen Gesellschaft", antworten einige AktivistInnen der Selbstorganisationen selbstbewußt. Um Identitäten und Unterstützungsrollen, um Fragen zu Gender und Sexismus, um gegenseitige Erwartungen und Enttäuschungen, um differente Ausgangsbedingungen und gemeinsame Zielsetzungen wurde offener und interessierter denn je gestritten. Wenn es gelingt, den "spirit" solcher Auseinandersetzungsprozesse in ein Camp zu verlängern, auf dem einige hundert refugees mit einigen hundert nonrefugees zusammentreffen, dann stehen die Chancen gut, mit dem Anspruch intensivierter Zusammenarbeit und "identitätsübergreifender Organisierungen" im kommenden Sommer wirklich weiterzukommen.

Doch auch für "themenübergreifende Außenwirkungen" wurden auf dem Vorbereitungstreffen im April weitere Ideen gesammelt. Damit sind nicht allein, wie bei früheren Camps im Osten, antifaschistische Aktivitäten gegen neonazistische Treffpunkte gemeint. Sondern auch z.B. die Fortsetzung der Debatte "um die rassistische Kategorisierung von Menschen nach ihrer Verwertbarkeit"(2) bezüglich der neuen "Zuwanderungsgesetze" und das Verhältnis von Kapitalismus und Rassismus insgesamt.

Mit Jenoptik und vor allem Carl Zeiss sitzen in Jena zudem zwei Unternehmen, die in "optronische" Rüstungsproduktionen involviert sind. Und letzteres verkauft seine "Präzisionsoptik" über die Oberkochener Tochterfirma nicht nur an "Heer, Luftwaffe und Marine" sondern auch an den Grenzschutz. "Zur Überwachung von Grenzen und großen Arealen finden international Grenzraumüberwachungsfahrzeuge der Zeiss Optronik GmbH Verwendung" heißt es stolz auf deren Homepage. Insofern symbolisiert Zeiss geradezu idealtypisch den Zusammenhang von Krieg nach außen und Kontrolle nach innen - und gerät damit "zielsicher ins Fadenkreuz" des Camp 02.

Es könnten sowohl die angekündigten Karawane-2-AktivistInnen (3) sein, die im Juli vor dem Zeiss-Firmenportal die kriegerische Zerstörung ihrer Herkunftsländer thematisieren. Aber auch Pink Silver, dem "Shooting Star" des Camp 01, will AktivistInnen nach Jena mobilisieren und würde dann die Zeiss` Repräsentanz womöglich mit einem Dance In konfrontieren. Jedenfalls zeichnet sich das antirassistische Grenzcamp einmal mehr als vielfältiger und herausfordernder Treffpunkt ab.
h. ag3f, hanau

Anmerkungen

(1) Vom 19. bis 28.7.02 findet in Strasbourg das international vorbereitete noborder-camp statt. Weitere Informationen: www.noborder.org

(2) Zitate aus dem Aufrufentwurf für das Camp in Jena

(3) Eine neue Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen ist in Vorbereitung. Sie wird am 17. August vor dem sog. Ausreiselager im niedersächsischen Bramsche beginnen und während der Wahlkampfzeit wieder durch zahlreiche Städte führen. Für das Jenaer Camp wird als Mobilisierung ein umfassenderes Karawane-Forum geplant, das Veranstaltungen und Aktionen umfassen soll.


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