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Ein vielfältiges Leben wälzte sich von frühmorgens bis
abends gegen zweiundzwanzig Uhr durch die Straßen der Stadt -
in allen Schattierungen, Schichten und Tönungen, in allen nur möglichen
Lärmvariationen: hupend, tutend, klingelnd, schreiend -, eine "Symphonie
des Lebens" mit dramatischen Paukenschlägen. Sie mögen
mein Unbehagen nicht verstehen, votiere ich im Zweifelsfall doch immer
für "das einfache Leben". Aber ich vergaß die nie
aufhörende Flut von kreischenden, tutenden und heulenden Motorrädern
zu erwähnen, die aus allen Richtungen kamen, jede Vorfahrt mißachteten,
sich an keine Verkehrsregel hielten - und die alten Lastwagen, die qualmenden
Kleinbusse, die die Vorfahrt rücksichtslos erzwangen -, diese Blechlawine
von dreirädrigen Tempo-Minibussen und die unzähligen Motorrikschas,
die tief-schwarze Rauchwolken ausstießen und jede kleine Lücke
nutzten auf ihrem eiligen Weg durch den mächtigen Verkehr.
Ganz Indien schien motorisiert; ein grauer Nebel von Dunst, Staub und
Benzinabgasen hing ständig in den Straßen, und der Wüstenwind
wirbelte Wolken von Staub und Schmutz über die Wege, trieb den
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feinen Sand aus der Wüste Thar in die Stadt. Er drang in Augen und
Ohren, knirschte zwischen den Zähnen, legte sich wie ein fahles Leichentuch
über alles Leben, auf die Häuser, über die ganze Stadt.
Mit dem Staub der Straßen schluckte ich die Mikroben und Bazillen,
die Bakterien und die Gonokokken der heiligen Kühe auf den Wegen,
des Unrats, des Menschen- und Tierkots und Urins. Am Ende fragte ich mich
erstaunt: Wie viele Krankheitserreger kann der menschliche Körper
verkraften?
Ich beschloß nicht mehr zu reisen. Ich schwor, nie wieder nach
Jodhpur zurückzukehren, was für Konsequenzen diese Entscheidung
auch immer mit sich bringen mochte. Darauf hätte ich jeden Einsatz
gewettet.
Aber ich kehrte nach Jodhpur zurück!
Ich lache - haha! - über mich selbst. Der Weg zur Hölle ist
mit guten Vorsätzen gepflastert - das ist eine Volksweisheit, die
man sich merken sollte. |
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