Voller Einsatz gegen Braunkohle Ende Gelände 2017
Am letzten Augustwochenende
kamen im rheinischen Braunkohlegebiet etwa 6.000 Menschen zusammen, um
gegen die Kohlekraftwerke sowie die Tagebaue zu demonstrieren. Bereits
im Vorfeld wurde der Protest kriminalisiert und es wurden "marodierende
Horden" heraufbeschworen. Was war los an diesem Wochenende?
Udo Karbrüggen war für das "Lower Class Magazine"
dabei. Den Bericht haben wir von ihm übernommen. Die Bilder sind
von Channoh Peepovicz. Vielen Dank dafür!
Langsam setzte sich der Zug aus Braunkohlegegner*innen am Samstag gegen
12 Uhr am kleinen Camp in Bedburg in Bewegung. Das Ziel war relativ klar
formuliert: Möglichst geschlossen in Richtung der Gleise der Kohlebahn,
aufsplitten in fünf Finger, eventuelle Polizeiketten durchfließen
und auf den Bahndamm gelangen. Soweit verlief zunächst alles ohne
Zwischenfälle. "Team Blau" hielt sich erfreulich zurück
und so ging es über Feldwege und Straßen. Eine kurze Rangelei
an einem Kreisverkehr zwischen Rath und Bedburg. Nichts von Belang.
Ein 7 1/2-Tonner der Aktionslogistik hält auf uns zu. Die Ladeklappe
wird geöffnet und die zuvor von der Polizei als vermutlich brandgefährliche
Gegenstände deklarierte Strohsäcke wurden an die Marschierenden
ausgegeben. Wie am Filmset. Weiter geht es. Über Stoppelfelder und
Rübenäcker. Es drängt sich der Eindruck auf, irgendwo in
einer Mischung aus Herr der Ringe und Warcraft das Filmset zu beobachten.
Die Dichte der Truppen Mordors erhöht sich, während der Schicksalsberg
direkt vor uns liegt.
Bereits vor einiger Zeit hat sich die Faust, wie einige Aktivist*innen
ihren Zug nennen, in fünf Finger geteilt. Ein surrealer Überblick
zeigt sich hier dem Beobachter: Von der linken Seite rennen etwa 200 Menschen
unter dem Banner der roten Fahne Richtung Schiene. Etwas dahinter überqueren
300 Menschen geführt vom blauen Fahnenträger eine Straße.
Saurons bestialische Horden und unsere tapferen Klimagegner*innen stehen
sich direkt gegenüber. Die Szene nimmt immer mehr Fahrt auf. Während
die Aktivist*innen sich durch den Aktionskonsens zur Gewaltfreiheit verpflichtet
haben, wirken die Cops wie trotzige Kinder. Geht einem Polizisten eine
BraunkohlegegnerIn durch die Lappen, muss es der Nächste ausbaden.
Trotz der Hitze legen die vermeintlichen Hüter von Ordnung und Grundgesetz
einen Eifer an den Tag um die Menschen, die Richtung Gleis laufen zu stoppen,
der doch zur Verwunderung anregt. Natürlich muss von eben diesen
dann kurze Zeit später wieder lauthals über die schlimmen Bedingungen
im Einsatz gejammert werden. Ganz besonders, als einige Übereifrige
entgegen der Befehle aus dem Funkgerät "[
] kein Pfeffer
einsetzen! Gegenwind! [
]" es doch nicht lassen können
den verhassten "Scheiss-Ökos" (Zitat) nochmal richtig zeigen
wollen wo der Hase läuft. Fontänen aus Reizgas vermischen sich
mit Staub und bilden gepaart mit Schweiß eine klebrige und wirkungsvolle
Substanz auf der Haut der Einsatzkräfte. Trotz des Friendly-Fire
gelingt es die Aktivist*innen zu kesseln.
Doch drei weitere
Gruppen sind noch im Rennen. Während der Rote und der Queere Finger
bereits die Bahndämme erreicht haben und die Treppen hinauf stürmen
wird der Fahnenträger des orangenen mit einem gezielten Tonfaschlag
von den Beinen geholt. Aber das Ziel ist erreicht. Die Blockade der Gleise
steht. Beziehungsweise sie sitzt. Bei guter Stimmung.
Diese kippt auch nicht,
als die Räumung der Blockade beginnt. Wer kooperiert hat Glück
gehabt. Alle anderen kriegen von den Staatsbediensteten wahlweise Schläge
ins Gesicht, Tritte in die Seite oder Schmerzgriffe beigebracht. Hierbei
ist es zu mehreren Knochenbrüchen gekommen.
Gut ein Drittel der auf
dem Acker festgesetzten Menschen darf jedoch einfach gehen, da der Einsatzleitung
ein Fehler in der Logistik unterlaufen war. Es war schier nicht möglich
die Menge an Menschen abzutransportieren und alle Busse waren bereits gefüllt
und abgefahren. - Udo Karbrüggen -
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