You'll
never roll alone
Hans-Georg Lindenau,
HG genannt, Kiez-Urgestein, Rollstuhlfahrer und Anarchist betreibt seit
30 Jahren den legendären Gemischtwarenladen mit Revolutionsbedarf
M99. Er führt dort ein selbstbestimmtes Leben und hat große
Unterstützung im Kiez. Der Eigentümer des Hauses will HG räumen
lassen. Das Bündnis gegen Zwangsräumungen, Bizim Kiez und zahlreiche
andere Gruppen und Nachbar*innen organisieren den Widerstand gegen die
Räumung.
Am 13. Juli
und danach jede Woche finden vor dem M99-Laden Infokundgebungen statt.
Zur ersten Kundgebung unter dem Motto: "You'll never roll alone"
kommen rund 100 Nachbar*innen, Freund*innen, andere von Räumung Bedrohte
und auch Beat Boxer zu seiner Unterstützung. (siehe Bilderserie)
HG berichtet über seine Situation. Der Streß der drohenden
Räumung hat ihn mittlerweile körperlich stark mitgenommen, so
das er sich am 23. Juli vorübergehend zur Behandlung ins Krankenhaus
begibt. (ausführlicher
Bericht). Die für 9. August vorgesehende Räumung wird auf
den 20. September verschoben, nachdem HG zugestimmt hat, die Wohnung im
1. Stock zu übergeben. Aber den Laden will er nach wie vor nicht
freiwillig verlassen. So steht am 22.9. erneut die Räumung an. Die
Absperrgitter werden schon gebracht. Doch dann kommt es anders. Im letzten
Moment stoppt das Berliner Landgericht die Räumung. Siehe Bericht
unten.

Update vom 21. September 2016:
Zwangsräumung
der Ladenwohnung M99
in letzter Minute ausgesetzt!
Das
Berliner Landgericht korrigierte einen Beschluss des Amtsgerichts
Kreuzberg-Tiergarten, das die Verwertungsinteressen des Vermieters
vor die Mieterrechte setzte
Hans Georg Lindenau
kann aufatmen. Die für den 22. September geplante Zwangsräumung
seiner Ladenwohnung in der Manteuffelstraße wurde kurz vor
dem Termin ausgesetzt. Das Berliner Landgericht hat am Mittwoch
des 21. September entschieden, dass ein medizinisches Gutachten
eingeholt werden muss. In dem Beschluss heißt es:
Es soll
ein Gutachten eines Facharztes für Neurologie und/oder Psychiatrie
zu der Behauptung des Schuldners eingeholt werden, die beabsichtigte
Räumung sei für ihn mit einer erheblichen Gefahr für
Leib und Leben verbunden, da eine ernsthafte suizidale Handlung
im Falle einer Räumung drohe.
Mit dem Schuldner
ist der rollstuhlabhängige Mieter Hans Georg Lindenau gemeint,
der seit mehreren Monaten aktiv gegen seine drohende Räumung
kämpft. Dabei wird er von der Stadtteilinitiative Bizim Kiez
und dem Bündnis Zwangsräumung verhindern unterstützt.
Wie sich
das Amtsgericht die Verwertungsinteressen des Vermieters zu Eigen
macht
Doch genau dieser
Widerstand wurde am 20. September vom Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg
genutzt, um einen Räumungsaufschub aus medizinischen Gründen
abzulehnen. In ihrer Begründung hatten sich die Richter/innen
die Verwertungsinteressen des Hauseigentümers vollständig
zu Eigen gemacht. Dort heißt es. Das weitere Beherbergen
des Schuldners könne nicht erfolgen. Neben nennenswerten finanziellen
Verlusten (keine Neuvermietung möglich trotz sehr guter Angebote,
keine angemessene Nutzungsentschädigung) habe der Schuldner
Haus und Mitbewohner gefährdet. Ausdrücklich wurden
Demonstrationen vor dem Haus als Beispiele für diese Gefährdung
genannt. Auch die Tatsache, dass Lindenau nicht in ständiger
medizinischer Behandlung ist, wurde vom Amtsgericht als Argument
gegen einen Räumungsaufschub herangezogen. Obwohl es
sich um alte Leiden handelt, ist nicht ersichtlich,
dass sich der Schuldner in ärztlicher oder therapeutischer
Behandlung befindet, um seine Gesundheit in einen umzugsfähigen
Griff zu bekommen. Dies hätte er aber tun müssen, denn
es ist nicht Aufgabe seines ehemaligen Vermieters, ihn ohne Mietvertrag
zu beherbergen und ihm die Möglichkeit zu geben, sein Gewerbe
zu betreiben.
Mit dieser Entscheidung hebelte das Gericht die Möglichkeit
eines Räumungsaufschubs für von Räumung bedrohte
Mieter/innen massiv aus. Das Landgericht hat in letzter Minute die
Mieter/innenrechte wieder in den Mittelpunkt gestellt. Die Polizei
hatte bereits rund um den Laden Gitter aufgebaut und Vorbereitungen
für die Räumung getroffen. Nach dem Bekanntwerden der
Aussetzung wurden die wieder abgebaut. Jetzt kämpfen Lindenau
und seine Unterstützer/innen für einen Räumungsaufschub
bis Ende Mai 2017. Dann könnte Lindenau in eine Ladenwohnung
in die Falkensteinstraße 46 umziehen. Der Vertrag ist bereits
unterzeichnet. Dort ist explizit festgehalten, dass Lindenau die
Räume für seinen Gemischtwarenladen mit Revolutionsbedarf
nutzen kann.
Peter
Nowak (Bericht im mieterecho
online)
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Update
vom 4. August 2016: Zwangsräumung für Di., 9.8., abgesagt!
Der Räumungstermin für den M99 Gemischtwarenladen
mit Revolutionsbedarf für Dienstag, den 9.8. um 9 Uhr,
ist abgesagt. Die Gerichtsvollzieherin hat das Amtshilfeersuchen
an die Polizei zurückgenommen. Der Räumungstitel bleibt
aber bestehen. Zwischen Eigentümer und dem Ladenbetreiber Hans-Georg
Lindenau wurde vereinbart, dass HG die Wohnung im 1. Stock bis Montag
räumt. Die Räumung des Ladens wurde bis 20.9. verschoben.
Was dann passiert ist unklar
Meldung vom 04.08.2016
vom Bündnis
Zwangsräumung verhindern die Demonstration
am Sonntag findet aber statt! |
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