Weltsozialforum in Nairobi, 20.-25. Januar 2007
Foto: Ann Stafford
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Neue Ideen waren schwer zu finden auf dem WSF. Immerhin wurde versucht, keine zentralen Podiumsveranstaltungen durchzuführen, und der letzte Tag wurde ausdrücklich für Vernetzungen angelegt. Bei den Seminaren und Workshops drehte sich vieles um den in die Jahre gekommenen Neoliberalismus, heißdiskutiert wurden die EPAs (Economic Partnership Agreements, bilaterale Wirtschaftspartnerschaftsabkommen). Eine Demonstration gegen die EPAs zog vor die EU-Vertretung in Nairobi. Auffällig war, dass sich an manchen Seminaren und Workshops kaum Menschen aus Kenia einfanden. Sie interessierten sich offenbar vor allem für die praktischen Themen, die sie unmittelbar betrafen (z.B. Land, Kampf gegen Obdachlosigkeit, Migration, aber auch EPAs) und weniger für allgemeines Blabla, bei dem das Publikum vorwiegend aus dem Norden kam.

Das WSF an sich als offener Raum (Open Space) und die Zukunft des Forums wurden ebenfalls thematisiert. Diese Debatte konnte schon auf einer längeren Diskussion aufbauen, ein Buch auf Englisch sammelt viele Beiträge zum "Bamako Appeal" und erschien rechtzeitig zum WSF in Nairobi. Der "Bamako Appeal" wurde von Intellektuellen wie Samir Amin, Aminata Traore und anderen in Bamako, am Tag vor dem WSF 2006 in Mali verfasst und enthält eine Liste von Forderungen. Die Tatsache, dass dieser Appell ohne ausführliche Erörterung als endgültiges Papier verabschiedet wurde, erntete viel Kritik. Bereits beim WSF 2005 schrieben 19 Prominente ein Manifest in Porto Alegre. Das WSF will sich jedoch gemäß Charta als offenen Raum verstehen, ohne VertreterInnen die im Namen aller Teilnehmenden des Forums sprechen.

Die Beteiligung westafrikanischer TeilnehmerInnen schien gering, sie wurden vor allem bei Veranstaltungen zum Thema Migration gesichtet. Das mag an der vorwiegend englischsprachigen Ausrichtung gelegen haben. Die Frage drängt sich jedoch auf, ob das an drei Orten gleichzeitig stattfindende WSF 2006 (in Caracas, Bamako und Karachi) wirklich zu einem Ausbau der Vernetzung beigetragen hat.


Eine größere Delegation kam aus der Westsahara und protestierte gegen Besatzung. Die Streiks in Guinea (mit mehreren Toten) waren auch Anlaß für eine Solidaritätsdemonstration. Die Demonstrationsrouten (z.B. gegen Krieg in Darfur, Sudan) waren meist auch wenig einfallsreich, sie verliefen im Kreis um das Stadion herum. Eine Sichtbarkeit in der Innenstadt Nairobi wurde nur am Auftakt- und Abschlußtag hergestellt. Die Auftaktdemonstration begann am Rande des Slums Kibera. Zum Abschluß des WSF konnten sich viele SlumbewohnerInnen an einem Marathon beteiligen, der im Slum anfing. Beim Marathon wurde ein T-shirt verteilt: "Eine andere Welt ist möglich, auch für SlumbewohnerInnen".

Eine ständige Anwesenheit in einem Park in der Nähe des Stadtzentrums und damit auch für jene, die die Teilnahmekosten und den Bus nicht bezahlen konnten, bot das Peoples' Parliament, das schon lange besteht. Hier diskutieren SlumbewohnerInnen, Studierende, Erwerbslose, und Beschäftigte verschiedenster Herkunft miteinander, leider fast alles Männer. Sie führen spannende Dialoge über ihren Alltag. Das Peoples' Parliament war die einzige Alternative zum Forum, ein intergalaktisches Caracol wie in Porto Alegre wurde diesmal nicht auf die Beine gestellt. Das Peoples' Parliament sorgte auch beim WSF für Aufsehen, eine Anwältin stellte die Forderungen bei der Versammlung sozialer Bewegungen und beim Internationalen Rat vor und wurde von den meisten (mit Ausnahme der kritisierten Organisatoren) begeistert gefeiert.

Trotz aller Kritik hat sich das WSF 2007 dennoch für eine große Zahl der Teilnehmenden gelohnt. Die bestehende Vernetzung zu einzelnen Themen konnte vertieft werden, insbesondere bei den Netzwerken zu Gesundheit, Migration, gegen Wasserprivatisierung, Krieg, Militärbasen, usw. Bei der Versammlung der sozialen Bewegungen wurde zu den Protesten gegen den G8 Gipfel 2007 in Heiligendamm aufgerufen.

Das nächste WSF 2008 soll eine globale Aktionswoche mit verschiedenen Veranstaltungen werden, die parallel zum WEF in Davos weltweit geplant werden. Ein Austragungsort für das WSF 2009 steht noch nicht fest.

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