Protokoll der
Beobachtungen von sieben Zeugen, die in Jena Forst leben.
Gegen acht Uhr heute Morgen klopfte ein Angehöriger des Sicherheitsdienstes
an die Zimmertür von Constance Etchu aus Kamerun, um sie an ihren Transfer
nach Gera zu erinnern. Sie sagte dem Angehörigen des Sicherheitsdienstes,
dass sie nicht nach Gera gehen würde, denn Gera sei voller Nazis. Sie
war dort am 12. Februar, um sich den Ort selbst anzusehen und konnte,
als sie zurückkam, den anderen über den Zustand des Heims berichten.
Das Heim selbst sei in Ordnung, aber sie habe Angst, denn ihr Leben
ist nicht sicher in Gera. Gera ist voller Nazis. Sie würde ein anderes
Heim Gera vorziehen.
Der Chef des Sicherheitsdienstes brachte sie in das Büro des Sozialdienstes,
wo sie die Transfer-Liste unterschreiben sollte, aber sie weigerte sich.
Schließlich unterzeichneten die Leute vom Sicherheitsdienst an ihrer
Stelle. Sie kamen mit Constance zurück zu ihrem Zimmer, um sie zu zwingen
ihre Sachen aus dem Raum zu holen. Sie weigerte sich. Also sagten sie,
dass sie jetzt, da sie sich geweigert hätte, die Polizei holen würden.
Constance sagte, dass sie lieber mit der Polizei als nach Gera gehen
wollte.
Der Mann vom Sicherheitsdienst klopfte an die Tür von Raum 207 und sagte
den Leuten dort, dass sie mit Constance sprechen sollten, damit sie
nach Gera gehe. Falls nicht, würde die Polizei kommen, um sie zu verhaften.
Sie gingen also zu Constance und berichteten ihr, was der Mann vom Sicherheitsdienst
gesagt hatte. Sie sagte wiederum, dass sie nicht nach Gera gehen wolle
wegen der Nazis dort und dass sie lieber irgendwo hingehen wolle, wo
es keine Nazis gäbe. Die zwei verließen Constances Zimmer und berichteten
dem Chef des Sicherheitsdienstes, dass sie nicht nach Gera gehen wolle.
Also erklärte der Mann vom Sicherheitsdienst, dass er die Polizei rufen
würde.
Nur zehn Minuten später kam ein Zivilpolizist ( ohne Uniform aber mit
Pistole) zusammen mit Frau Krüger und holte Constance aus ihrem Zimmer
und brachte sie in das Büro des Sicherheitsdienstes. Sie sperrten sie
etwa 20 Minuten lang dort ein. Dann kam die uniformierte Polizei mit
einem Wagen. Sie waren zwei Männer und eine Frau.
Während sich Constance im Büro des Sicherheitsdienstes befand, ging
ein Angehöriger des Sozialdienstes in ihr Zimmer und steckte ihre Handtasche
mit dem Handy und ihrer Kamera sowie ihre Jacke in eine große blaue
Plastiktüte. Jemand vom Sicherheitsdienst warf die Tüte in einen der
Busse des Sicherheitsdienstes, in dem sich andere, weiße Flüchtlinge
befanden.
Fünfzehn Minuten nach ihrer Ankunft betrat die Polizei das Büro des
Sicherheitsdienstes. Sie drehten Constance die Arme auf den Rücken und
fesselten ihre Hände hinter ihrem Rücken mit Handschellen. Sie öffneten
das Gitter und zwangen sie in den Bus des Sicherheitsdienstes einzusteigen.
Sie weigerte sich.
Die zwei Polizeimänner, die Polizeifrau und ein Mann vom Sicherheitsdienst
begannen sie zu schlagen um sie in den Bus zu zwingen. Sie blockierte,
indem sie ein Bein unter den Bus klammerte und fiel schließlich zu Boden.
Während sie auf dem Boden lag, ein Bein unter dem Bus, stieg ihr ein
Polizist mit dem Fuß auf das Gesicht. Sie versuchten sie mit Gewalt
unter dem Bus hervorzuziehen. Die Polizisten und die Angehörigen vom
Sicherheitsdienst spuckten auf sie und traten ihren Kopf mit Füßen.
Eine Frau, die im Heim lebt und die Constances Misshandlung durch die
Polizei und den Sicherheitsdienst beobachtete, weinte aufgrund des Leids,
das Constance zugefügt wurde. Die Leute vom Sicherheitsdienst bezeichneten
sie und uns andere anwesende Flüchtlinge als „Arschloch“, „Penner“,
sie sagten „Fuck you“ und „Black Monkeys“ (Schwarze Affen)zu uns und
sie erzählten uns, dass wir in Afrika im Wald lebten. Einem von uns
zeigte ein Mann vom Sicherheitsdienst einen „Fuckfinger“ in Richtung
seines Afters.
Anschließend, zwangen drei Leute vom Sicherheitsdienst und ein Polizist
Constance gewaltsam sich zu beugen und trugen sie zum Polizeiauto. Sie
schlugen ihren Kopf mehrfach mit Fäusten und ihren Kopf nach unten zu
beugen um sie in das niedrige Polizeiauto zu zwingen. Während all der
Misshandlungen waren Constances Hände nach wie vor hinter ihrem Rücken
gefesselt.
Nachdem sie auf dem Boden gelegen war, war sie wegen des Regens völlig
von Schlamm durchweicht . Deshalb musste die Polizei Nylontüten auf
dem Sitz ausbreiten, damit die Sitze des Polizeiautos nicht beschmutzt
würden. Danach fuhr das Polizeiauto mit Constance davon. Der Bus mit
ihrer Tasche und den weißen Flüchtlingen fuhr ebenfalls davon.
Uns, die wir zurückgeblieben waren, sprachen die Sicherheitsbediensteten
auf Englisch an und drohten uns ebenfalls mit Misshandlungen.
Deshalb haben wir uns entschieden zu protestieren gegen die Zusammenarbeit
von der Polizei, dem Sicherheitsdienst in Jena Forst sowie der Verwaltung
unter Frau Krüger bei der brutalen Misshandlung von Constance Etchu
zu protestieren.
Wir protestieren gegen die tägliche Misshandlung und Brutalisierung
der Flüchtlinge in Jena Forst.
Wir protestieren gegen die tägliche Diskriminierung von Flüchtlingen
insbesondere von denen mit schwarzer Hautfarbe.
Wir protestieren gegen die alltägliche rassistische Behandlung von schwarzen
Flüchtlingen. Wir protestieren generell gegen die Isolierung und die
soziale Ausgrenzung von Flüchtlingen in Jena Forst.
Wir protestieren gegen die Unsicherheit, die die Heimverwaltung und
die Sicherheitsbeamten für die Flüchtlinge verursachen.
Wir protestieren gegen die unmenschliche Behandlung der Flüchtlinge
in Jena Forst. Wir, die Flüchtlinge, appellieren für den vollständigen
Schutz unserer Menschenrechte.
Wir fordern eine offene Gesellschaft ohne Rassismus, Diskrimierung,
Isolation und sozialer Ausgrenzung von Flüchtlingen in Jena und Thüringen.
Wir verlangen die Schließung von Jena Forst für Flüchtlinge gegen die
Isolation und die soziale Ausgrenzung von Flüchtlingen.
Wir appellieren an alle progressiven Deutschen, MenschenrechtsaktivistInnen
und AntirassistInnen die Misshandlung von Constance Etchu und der Flüchtlinge
in Jena Forst anzuklagen.
Wir, die wir die Zivilcourage hatten, die Misshandlungen, die wir heute
sahen, öffentlich anzuzeigen, verlangen Sicherheit, Unterstützung und
Solidariät. Es gibt keine Garantie für die Sicherheit der Flüchtlinge.
Wir kamen, um Sicherheit und Unterstützung zu finden und nicht Misshandlung.
Unterstützt die Zivilcourage der Flüchtlinge gegen Diskrimierung und
Rassismus in Jena Forst.
Kamga Guy Branco,
Amin Pamela,
Jules Tchatchueng,
Doohin Leot,
Cynthia Sunny,
Yebba Sama Caroline,
Deuton Francois David
Wir rufen auf zu einer Demonstration in Jena, Stadtkirche, am Donnerstag,
den 14. Februar, um 15.00 Uhr.
|
Video:
Stefan Kretzschmar/Traudi Pichlmeier/Umbruch Bildarchiv
|
Klicke auf das obenstehende Bild und siehe ein Streaming-Video.
(7'22 Min.) Den dafür benötigten Real
Player Basic gibt es hier frei zum downloaden.
Klicke hier,
um parallel zum Video die deutsche Übersetzung einzusehen
|