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THEMA: Zwangsverlegung
ORT: Jena/Gera
ZEIT: 14. Februar 2002
BILDMAPPE: Ablage im Bildarchiv / 3423 \
 

Protokoll der Beobachtungen von sieben Zeugen, die in Jena Forst leben.

Gegen acht Uhr heute Morgen klopfte ein Angehöriger des Sicherheitsdienstes an die Zimmertür von Constance Etchu aus Kamerun, um sie an ihren Transfer nach Gera zu erinnern. Sie sagte dem Angehörigen des Sicherheitsdienstes, dass sie nicht nach Gera gehen würde, denn Gera sei voller Nazis. Sie war dort am 12. Februar, um sich den Ort selbst anzusehen und konnte, als sie zurückkam, den anderen über den Zustand des Heims berichten. Das Heim selbst sei in Ordnung, aber sie habe Angst, denn ihr Leben ist nicht sicher in Gera. Gera ist voller Nazis. Sie würde ein anderes Heim Gera vorziehen.

Der Chef des Sicherheitsdienstes brachte sie in das Büro des Sozialdienstes, wo sie die Transfer-Liste unterschreiben sollte, aber sie weigerte sich. Schließlich unterzeichneten die Leute vom Sicherheitsdienst an ihrer Stelle. Sie kamen mit Constance zurück zu ihrem Zimmer, um sie zu zwingen ihre Sachen aus dem Raum zu holen. Sie weigerte sich. Also sagten sie, dass sie jetzt, da sie sich geweigert hätte, die Polizei holen würden. Constance sagte, dass sie lieber mit der Polizei als nach Gera gehen wollte.

Der Mann vom Sicherheitsdienst klopfte an die Tür von Raum 207 und sagte den Leuten dort, dass sie mit Constance sprechen sollten, damit sie nach Gera gehe. Falls nicht, würde die Polizei kommen, um sie zu verhaften. Sie gingen also zu Constance und berichteten ihr, was der Mann vom Sicherheitsdienst gesagt hatte. Sie sagte wiederum, dass sie nicht nach Gera gehen wolle wegen der Nazis dort und dass sie lieber irgendwo hingehen wolle, wo es keine Nazis gäbe. Die zwei verließen Constances Zimmer und berichteten dem Chef des Sicherheitsdienstes, dass sie nicht nach Gera gehen wolle. Also erklärte der Mann vom Sicherheitsdienst, dass er die Polizei rufen würde.

Nur zehn Minuten später kam ein Zivilpolizist ( ohne Uniform aber mit Pistole) zusammen mit Frau Krüger und holte Constance aus ihrem Zimmer und brachte sie in das Büro des Sicherheitsdienstes. Sie sperrten sie etwa 20 Minuten lang dort ein. Dann kam die uniformierte Polizei mit einem Wagen. Sie waren zwei Männer und eine Frau.

Während sich Constance im Büro des Sicherheitsdienstes befand, ging ein Angehöriger des Sozialdienstes in ihr Zimmer und steckte ihre Handtasche mit dem Handy und ihrer Kamera sowie ihre Jacke in eine große blaue Plastiktüte. Jemand vom Sicherheitsdienst warf die Tüte in einen der Busse des Sicherheitsdienstes, in dem sich andere, weiße Flüchtlinge befanden.

Fünfzehn Minuten nach ihrer Ankunft betrat die Polizei das Büro des Sicherheitsdienstes. Sie drehten Constance die Arme auf den Rücken und fesselten ihre Hände hinter ihrem Rücken mit Handschellen. Sie öffneten das Gitter und zwangen sie in den Bus des Sicherheitsdienstes einzusteigen. Sie weigerte sich.

Die zwei Polizeimänner, die Polizeifrau und ein Mann vom Sicherheitsdienst begannen sie zu schlagen um sie in den Bus zu zwingen. Sie blockierte, indem sie ein Bein unter den Bus klammerte und fiel schließlich zu Boden. Während sie auf dem Boden lag, ein Bein unter dem Bus, stieg ihr ein Polizist mit dem Fuß auf das Gesicht. Sie versuchten sie mit Gewalt unter dem Bus hervorzuziehen. Die Polizisten und die Angehörigen vom Sicherheitsdienst spuckten auf sie und traten ihren Kopf mit Füßen.

Eine Frau, die im Heim lebt und die Constances Misshandlung durch die Polizei und den Sicherheitsdienst beobachtete, weinte aufgrund des Leids, das Constance zugefügt wurde. Die Leute vom Sicherheitsdienst bezeichneten sie und uns andere anwesende Flüchtlinge als „Arschloch“, „Penner“, sie sagten „Fuck you“ und „Black Monkeys“ (Schwarze Affen)zu uns und sie erzählten uns, dass wir in Afrika im Wald lebten. Einem von uns zeigte ein Mann vom Sicherheitsdienst einen „Fuckfinger“ in Richtung seines Afters.

Anschließend, zwangen drei Leute vom Sicherheitsdienst und ein Polizist Constance gewaltsam sich zu beugen und trugen sie zum Polizeiauto. Sie schlugen ihren Kopf mehrfach mit Fäusten und ihren Kopf nach unten zu beugen um sie in das niedrige Polizeiauto zu zwingen. Während all der Misshandlungen waren Constances Hände nach wie vor hinter ihrem Rücken gefesselt.

Nachdem sie auf dem Boden gelegen war, war sie wegen des Regens völlig von Schlamm durchweicht . Deshalb musste die Polizei Nylontüten auf dem Sitz ausbreiten, damit die Sitze des Polizeiautos nicht beschmutzt würden. Danach fuhr das Polizeiauto mit Constance davon. Der Bus mit ihrer Tasche und den weißen Flüchtlingen fuhr ebenfalls davon.

Uns, die wir zurückgeblieben waren, sprachen die Sicherheitsbediensteten auf Englisch an und drohten uns ebenfalls mit Misshandlungen.

Deshalb haben wir uns entschieden zu protestieren gegen die Zusammenarbeit von der Polizei, dem Sicherheitsdienst in Jena Forst sowie der Verwaltung unter Frau Krüger bei der brutalen Misshandlung von Constance Etchu zu protestieren.
Wir protestieren gegen die tägliche Misshandlung und Brutalisierung der Flüchtlinge in Jena Forst.
Wir protestieren gegen die tägliche Diskriminierung von Flüchtlingen insbesondere von denen mit schwarzer Hautfarbe.
Wir protestieren gegen die alltägliche rassistische Behandlung von schwarzen Flüchtlingen. Wir protestieren generell gegen die Isolierung und die soziale Ausgrenzung von Flüchtlingen in Jena Forst.
Wir protestieren gegen die Unsicherheit, die die Heimverwaltung und die Sicherheitsbeamten für die Flüchtlinge verursachen.
Wir protestieren gegen die unmenschliche Behandlung der Flüchtlinge in Jena Forst. Wir, die Flüchtlinge, appellieren für den vollständigen Schutz unserer Menschenrechte.
Wir fordern eine offene Gesellschaft ohne Rassismus, Diskrimierung, Isolation und sozialer Ausgrenzung von Flüchtlingen in Jena und Thüringen.
Wir verlangen die Schließung von Jena Forst für Flüchtlinge gegen die Isolation und die soziale Ausgrenzung von Flüchtlingen.
Wir appellieren an alle progressiven Deutschen, MenschenrechtsaktivistInnen und AntirassistInnen die Misshandlung von Constance Etchu und der Flüchtlinge in Jena Forst anzuklagen.
Wir, die wir die Zivilcourage hatten, die Misshandlungen, die wir heute sahen, öffentlich anzuzeigen, verlangen Sicherheit, Unterstützung und Solidariät. Es gibt keine Garantie für die Sicherheit der Flüchtlinge.
Wir kamen, um Sicherheit und Unterstützung zu finden und nicht Misshandlung. Unterstützt die Zivilcourage der Flüchtlinge gegen Diskrimierung und Rassismus in Jena Forst.
Kamga Guy Branco,
Amin Pamela,
Jules Tchatchueng,
Doohin Leot,
Cynthia Sunny,
Yebba Sama Caroline,
Deuton Francois David

Wir rufen auf zu einer Demonstration in Jena, Stadtkirche, am Donnerstag, den 14. Februar, um 15.00 Uhr.

 

Video: Stefan Kretzschmar/Traudi Pichlmeier/Umbruch Bildarchiv

Klicke auf das obenstehende Bild und siehe ein Streaming-Video.
(7'22 Min.) Den dafür benötigten Real Player Basic gibt es hier frei zum downloaden.
Klicke hier, um parallel zum Video die deutsche Übersetzung einzusehen


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