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1
"Wir sind arm" sagte Sheeja. Wir saßen auf der Bank
vor ihrem Elternhaus. Die steinerne Bank war vom vielen Sitzen glatt
gerieben, das Gemäuer vom Zahn der Zeit angenagt, die Farben
an den Wänden waren verblichen. Aber noch war der alte Bungalow
stabil. Eine Weile noch mochte er dem herben Bergklima und den heftigen
Monsungüssen trotzen. Es gab kein elektrisches Licht. Der Reis
für die tägliche Mahlzeit wurde mit dem Mörser zerstampft,
die Chapatis im Sommer auf dem Holzfeuer vor dem Haus gebacken. Selten
gab es ein Ei. Fleisch gab es nie. Die Kuh unter dem Palmblätterdach
vor dem Haus gab die tägliche Milch, aber man wurde ein Leben
lang nicht richtig satt. Die Beine der Mädchen waren dünn,
und das trockne Husten der jungen Schwester klang kraftlos und matt.
2
"Unsere Familie ist arm!" Die Freundin sah mich von der
Seite an. Ich sagte: "Ja", und wie aus Versehen berührten
sich unsere Hände. Vor dem Haus führte der breite Schotterweg
vorbei, der aus den Bananenfeldern kam. Arceanut- und Kokospalmen
säumten ihn. Er führte durch die Kaffeeplantagen den Hügel
hinauf und verschwand oben im dichten Grün der Kaffeebäume
und zwischen den glatten, hohen Stämmen, an denen der grüne
Pfeffer rankte.
Auf dem Vorplatz trocknete auf alten Jutesäcken der gepflückte
Pfeffer und nahm langsam das vertraute Schwarz an. Das Haus lag inmitten
junger, frisch bewässerter Bananenpflanzungen. Es schwamm in
einem Meer sich im Nachmittagswind sanft wiegender Blätter. Sie
leuchteten in der tiefstehenden Sonne wie mit brennendem Öl übergossen.
Kein Auto fuhr auf dem Weg vorbei, selten einmal ein Scooter, ein
dreirädriges Motortaxi, das Landleute vom Einkauf im Ort zurück
in ihre Siedlungen brachte. Die reine klare Bergluft war Balsam für
eine von den Giften der technischen Zivilisation zerfressene Lunge.
Ich sog sie tief und gierig ein, meine Brust weitete sich, und ich
fühlte neue Kraft in mir.
Hirten trieben Ziegen und Rinder von den abgeernteten Reisfeldern
in die Ställe: die lachenden Hindus und die ernsten Moslems,
die auch am Abend ihre weißen Moslem-Käppchen trugen. Die
bunten, hochgebundenen Lunghis leuchteten im klaren Schein der untergehenden
Sonne.
Vor dem Haus zogen sich die jungen Reisfelder bis zu den fernen Bergen
hin, die das fruchtbare Tal begrenzten. Die Bäche bahnten sich
ungestüm ihren Weg ins Tal. Ihr Wasser wurde durch die jungen
Reisfelder geleitet. Der Mango blühte verschwenderisch wie feines,
duftendes Gespinst in zarten Farben - ein farbiger Nebel, gewoben
von vielen fleißigen Geistern, zart gewebt wie edle Seide.
Frauen in bunten Saris standen bis zu den Knien im Wasser und versetzten
den jungen Reis. Sie bildeten leuchtend rote Kontrapunkte im saftigen
Grün der Felder - hingetupft mit den Farben von der Palette des
großen Meisters.
Wir saßen schweigend vor dem Haus. Die Sonne war hinter den
Bergen versunken, und der Abendhimmel begann zu leuchten. Ein letztes
warmes Licht übergoß das Land und tauchte uns in ein tiefes,
sattes Braun.
"Wir sind arm!" sagte Sheeja.
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