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Ich beschloß, ein Paket grüner CHANDRIKA AYURVEDIC-Seife
mit nach Deutschland zu nehmen. Hat der Name dieser Seife einen Bezug
zur ayurvedischen Lehre? Ayurveda bedeutet: "das Wissen vom Leben",
oder "Wissenschaft vom langen Leben" - das heißt ein
Weg in der indischen Medizin, eine Behandlungsform, bei der versucht
wird, Krankheiten als Störungen im komplexen Zusammenspiel der
Lebenskräfte des Menschen zu erkennen und zu behandeln. Soap
prepared from genuine herbal extracts and high quality vegetable oils,
free from animal fat.
Ich bangte um "das komplexe Zusammenspiel" meiner Lebenskräfte
in Europa und kaufte mir die grüne CHANDRIKA. Ich schätze
den weichen, weißen Seifenschaum und wollte in Deutschland nicht
darauf verzichten - zumindest nicht in der ersten Zeit nach meiner
Rückkehr. Für einige Wochen wollte ich mir mit dieser wohlriechenden
Seife das ganze Gewäsch einer mir zutiefst zuwideren Gesellschaft
vom Körper waschen, dieses Geseibel von SOZIAL, von SOZIALEM
WOHNUNGSBAU, der mir die besten Jahre meines Lebens vergällt
hat, von SOZIALER Marktwirtschaft, die mich in den wirtschaftlichen
Ruin trieb, von SOZIAL-demokratischem Parteigezeter, wollte mir die
ganze CHRISTLICHE Chose und Heuchelei vom Körper schrubben, die
CHRISTLICHEN Demokraten ebenso wie die CHRISTLICH Sozialen - Die CHRISTEN
mit dem Kreuz des Herrn in der erhobenen Rechten, das Scheckbuch diskret
in der Linken, die auf diese Weise dank der Macht des Kapitals die
Dritte Welt ein zweites Mal kolonisieren. - "Diese Form der Kolonisierung
durch die Trusts ist härter als jene vor zweihundert Jahren mit
Kreuz und Kanonen", hatte ein indischer Verwaltungsmann geklagt.
2
Ich wollte mir mit dem weichen, perlenden Schaum der indischen "Lebensseife"
das falsche Lächeln meiner Bekannten vom Halse waschen, ihre
Heuchelei, die die Scheinheiligkeit einer europäischen Christ-Heiligkeit
weit übertrumpft, ihre "Anteilnahme" am Geschick des
anderen: "Wie geht es Dir?" Wobei sie sich in aller Stille
zufrieden die Hände rieben: Auch ihn hat es nun erwischt, also
sind wir nicht die einzigen Verlierer!
Ich wollte mir jeden Gedanken an diese geistigen Mittelständler
für immer wegwaschen, die Erinnerung an jene Menschen, die -
mit dem Parteibuch der SPD heimlich in der Tasche - in jüngeren
Jahren auf der Straße den Aufstand probten, "alternativ"
die Grünen wählten, sich laut damit brüsteten, sich
von ihrer Partei jedoch mit dem kleinen Professorentitel ködern
und später ohne Gewissensbisse vereinnahmen ließen, die
nun mit müdem, glanzlosem Lächeln vom Tod reden und partout
sterben wollen, dabei von Monat zu Monat unruhiger werden, weil sie
ahnen, daß ihnen das Leben unter den Fingern wie der Sand in
der Sanduhr wegrinnt; während die Gattin geduldig auf den Tod
des Gatten wartet, auf seine stattliche Professorenpension, um dann
noch einmal "fest einen draufzumachen"..
3
Ich wollte versuchen, die ganze Lüge einer mir verleideten Zivilisation
mit indischherben Wohlgerüchen vom Leibe zu waschen. In meinem
verspakten SOZIALEN Badezimmer, in dem der alte Anstrich von den Wänden
abblättert, würde ich diesen ganzen Schleim abreiben, der
fett und feucht alle Poren meiner gequälten Seele verstopfte,
die doch atmen muß, diesen Schleim, der ein freies Atmen unmöglich
machte - so wie ich mit dieser Seife in Indien die giftigen Abgase
von Millionen von Bussen, Lastern und Motorrädern abgeschrubbt
hatte, den grauen Nebel von Diesel und Ruß, den aufgewirbelten
Staub der indischen Straßen, diesen erstickenden Gestank nach
beißendem Urin und Exkrementen, die bedrückende Armut von
Millionen von Menschen im Land, das entwürdigende Kastensystem
des Hinduismus und die Diskriminierung der Unberührbaren, der
Harijans, die Erniedrigung der indischen Frau - die ganze Traurigkeit
des Menschen, seine vertane Chance auf Erden, das Dilemma der unglaubwürdig
gewordenen menschlichen Existenz.
Einmal mehr war ich erstaunt, wieviel Gift der menschliche Körper
verkraften kann, ehe er zusammenbricht, wieviel Leid der Mensch sich
auferlegen kann, bis sein Herz bricht, wieviel Zentner Lügen
die müde Seele zu ertragen vermag, ehe sie zusammenbricht unter
dem Ballast der Zivilisation. Ich wollte in Hieronymus Boschs Jungbrunnen
steigen und mir alles mit der CHANDRIKA vom Körper waschen, und
ich wollte mich zwingen, für immer geläutert aus dem Jungbrunnen
zu steigen, jungfräulich rein - bereit für einen letzten,
verzweifelten Traum.
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