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So beschenken wir uns gegenseitig. Ich kaufe mir dafür jene Lebensberechtigung,
jenen Lebensanteil zurück, um den ich mich in Europa geprellt
fühle. Das Menschliche auf der Waage der Persönlichkeitsprüfung
hat kein Gewicht, man wiegt die Person allein mit harten Talern auf.
Diese simple doch harte Lektion hatte ich lernen müssen. Im indischen
Lebensbereich wog auch ich mit harter Währung auf. Doch gab ich
nicht, um mehr zurückzubekommen oder gar einen Ablaß zu
kaufen. Heißt es nicht, daß die Armen fünfhundert
Jahre vor den Reichen ins Paradies kommen? Die Versuchung, dem Armen
etwas von diesem Bonus abzukaufen ist groß.
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Es ist etwas Eigenartiges um die Macht des Geldes: sie bedeutet Verfügbarkeit
über andere. Ich gewann Macht über Menschen, das hatte ich
bereits bei den Kellnern des HARITAGIRI erfahren, und diese Erfahrung
weckte Nachdenklichkeit in mir, vermittelte Signale, Ortsbestimmungen,
Mahnungen, Verpflichtungen mir selbst gegenüber. Andererseits baute
es mich auf, begann ich immer sicherer wie ein hoher Leuchtturm auf
dem festen Fundament eines Felsens zu thronen. Es gab mir das Gefühl:
Du bist, weil man dich braucht! Und das allein Dank einiger Scheine,
auf billigem Papier gedruckt, verwaschen die Farben, zerknittert, unansehnlich,
häßlich gar wie ein altes Tapetenmuster an der Wand: Fiktionen
- auf Papier gebannt, die für eine ganze Dritte Welt verbindlich
und zum Überleben nötig sind wie einstmals der Büffel
für den Indianer in den weiten Prärien Nordamerikas.
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