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"Ich habe Essen und Trinken frei und ebenso meine Dienstkleidung"
sagte Rajiv, einer der Zimmerkellner im HOTEL HARITAGIRI. "Ich
schlafe in einem Hotelzimmer, das gerade nicht von Gästen belegt
ist. Für meine Arbeit bekomme ich keinen Lohn. Die kleinen Trink-gelder,
die ich erhalte, spare ich, damit ich eines Tages heiraten kann."
Das war schon etwas in Südindien, aber es war trotzdem so wenig,
daß man sich für ein kleines Bakschisch ein Leben lang
dankbar verbeugen mußte.
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In Kottakuppam, einem beliebten Ausflugsort der Inder an der Küste
Tamil Nadus, hatte ich einen Tourist-Bungalow gemietet. Im Nebenhaus
werkten die Maler von morgens bis abends in langsamem Tempo, lachend,
mit viel Palaver, aber fleißig bis zum späten Arbeitsende.
Sie schliefen auch dort. Nie sah ich sie in ihren Pausen essen. Bis
eines Tages ein junger Anstrei-cher zu mir herüber kam. Er grüßte
achtungsvoll und zeigte mit dem Finger auf den Mund. "Haben Sie
vielleicht etwas zu essen, Sir? Ich bin sehr hungrig." Er bettelte
nicht, sondern wies wie selbstverständlich auf seinen maroden Zustand
hin. Ich gab ihm neun Rupien, das waren 50 Pfennig. Dafür konnte
er sich im Dorfrestaurant ein Thali "satt" leisten, eine Reis-Gemüsemahlzeit
mit soviel Nachschlag, bis der Magen nicht mehr knurrt.
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