Südindien, Farbimpressionen, 1993, Teil 1 / 1199j
Fotos und Texte von Otto Göpfert

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"Ich habe Essen und Trinken frei und ebenso meine Dienstkleidung" sagte Rajiv, einer der Zimmerkellner im HOTEL HARITAGIRI. "Ich schlafe in einem Hotelzimmer, das gerade nicht von Gästen belegt ist. Für meine Arbeit bekomme ich keinen Lohn. Die kleinen Trink-gelder, die ich erhalte, spare ich, damit ich eines Tages heiraten kann." Das war schon etwas in Südindien, aber es war trotzdem so wenig, daß man sich für ein kleines Bakschisch ein Leben lang dankbar verbeugen mußte.


In Kottakuppam, einem beliebten Ausflugsort der Inder an der Küste Tamil Nadus, hatte ich einen Tourist-Bungalow gemietet. Im Nebenhaus werkten die Maler von morgens bis abends in langsamem Tempo, lachend, mit viel Palaver, aber fleißig bis zum späten Arbeitsende. Sie schliefen auch dort. Nie sah ich sie in ihren Pausen essen. Bis eines Tages ein junger Anstrei-cher zu mir herüber kam. Er grüßte achtungsvoll und zeigte mit dem Finger auf den Mund. "Haben Sie vielleicht etwas zu essen, Sir? Ich bin sehr hungrig." Er bettelte nicht, sondern wies wie selbstverständlich auf seinen maroden Zustand hin. Ich gab ihm neun Rupien, das waren 50 Pfennig. Dafür konnte er sich im Dorfrestaurant ein Thali "satt" leisten, eine Reis-Gemüsemahlzeit mit soviel Nachschlag, bis der Magen nicht mehr knurrt.
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