Farbimpressionen aus Indien, 1991 / 1193k
Fotos und Texte von Otto Göpfert

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Es sind wilde Menschen, diese Rajasthanis, wenn das Temperament einmal mit ihnen durchgeht. Der jüngste und schönste der vier, dessen schwermütige Züge mich an den französischen Schauspieler Alain Delon erinnerten und die nach einer Flasche Rum noch schwermüti-ger wurden, schien an diesem Abend wie neugeboren. Er war in die jüngste der vier Schwedinnen verliebt. Lachend trat er auf mich zu, drückte mir ein Glas Rum in die Hand und frag-te: "Weißt du überhaupt, wer ich bin?" Ich verneinte, und er schlug sich übermütig auf die Brust: "Ich bin der KING OF DESERT!" Ich stieß mit ihm an und nickte: Er war nicht nur der König der Wüste, er war auch King bei den Frauen. Das stimmte, und er wußte es. Ihm stand diese Rolle gut, und ich fand, er hatte sie verdient.


So sind sie, die Wüstensöhne, die Rajasthanis aus den einsamen Sandregionen der Wüste Thar: Ein Rest oder mehr einer alten, wilden Leidenschaft aus längst vergangener Zeit glimmt noch in ihren Augen - allen Einflüssen der Zivilisation zum Trotz.
Später tanzten die Männer auf dem Dachgarten nach den wilden, aufpeitschenden Rhythmen dreier Musiker: eines alten Akkordeonspielers, eines Flötisten und eines Jungen, der Kastag-netten in schnellem Takt schlug und das Tempo bestimmte und dabei mit wilden, anzüglichen Bewegungen mittanzte. Die Tänzer stampften mit den Füßen auf den Boden, wirbelten die blonden Frauen im Kreis herum; und es gibt nichts Aufregenderes, als die Rajasthanis einmal ausgelassen und befreit von allen Sorgen ihre alten Tänze tanzen zu sehen im eigenartigen, schnellen Stakkato der Wüstenfolklore - einer Musik, aus der ich immer wieder den Wahnsinn heraushöre.
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