Indien: Fotos vom Leben und Widerstand der Adivasis in Kashipur
Fotos Shankar
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Die Globalisierung dringt heute gewalttätig und rücksichtslos bis in die letzten Gebiete vor, die noch nicht direkt von Staat, Wirtschaft und Kapital kontrolliert werden. Diese Gebiete sind meist Regionen, in denen verschiedene indigene Gemeinschaften leben, beispielsweise in Indien, Brasilien, Botswana, Ecuador oder in Venezuela. Für einige dieser Adivasi-Gemeinschaften (indigene Gemeinschaften) hat sich der gewaltsame Einzug "der Zivilisation" in ihr Leben erst vor kurzem vollzogen. Die traditionelle Lebensweise vieler Adivasis wurde auf unterschiedliche Weise untergraben, zum Teil bereits von den Kräften des Marktes, Kapitals und des Staates zerstört.

Eine dieser zahlreichen bedrohten Adivasiregionen der Welt ist Kashipur im Bundesstaat Orissa in Indien. In dieser Region leben die drei Adivasi-Gemeinschaften Kondha, Jhodia-Paraja und Pengo. Aufgrund der Industrialisierung wurden hier bereits in einem Radius von 100km große Waldgebiete zerstört, um die nahegelegenen Städte und die Industrie mit Nutzholz zu beliefern. Dies ging einher mit dem Bau von Bahngleisen und Straßen und bedeutete das Eindringen "zivilisierter" Außenseiter in die Region, die Ansiedlung staatlicher Institutionen, einschließlich der Polizei, Bürokratie, der Händler und Geldverleiher.

Außerhalb der patriarchalen Kasten- und Klassengesellschaft des indischen Mainstreams haben sich die Adivasi-Gemeinschaften in Kashipur ihre Kultur weitgehend lebendig erhalten. Wenn auch die Einflüsse von außen bereits zu spüren sind, gibt es weiterhin ein pulsierendes Gemeinschaftsleben mit wunderschönen Tänzen, Musik und sie haben sich die Fähigkeit bewahrt, weitgehend in Frieden zu leben. Bis heute genießen die Frauen, anders als üblicherweise in Indien, mehr Freiheiten und traditionelle Rechte, die sie auch leidenschaftlich verteidigen. Ihr Wissen über die Natur und ihre Verbindung zu ihr ist dabei äußerst kostbar.

Seit 1993 kämpfen die Adivasis und die Dalits ("Unberührbare") in der Region gegen den Bauxitabbau auf ihrem Boden, eine dort geplante Aluminium Raffinerie und ein Kraftwerk des Großunternehmens UAIL. Eine Durchsetzung dieser Großprojekte würde sie ihrer Existenzgrundlage berauben. UAIL ist ein Zusammenschluss von Alcan, eines der größten Aluminiumunternehmen der Welt und Hindalco, eines der größten Industrieunternehmen Indiens. Die Deutsche Bank besitzt Anteile an der Aktiengesellschaft Alcan - insgesamt mit einem Wertvolumen von 275,45 Mio Euro.
Im Dezember 2000 schlossen sich die Adivasis und die Dalit-Bevölkerung in Kashipur unter dem Banner der PSSP (Prakrut Sampad Suraksha Parishad, dt.: Vereinigung zum Schutz der natürlichen Ressourcen) zusammen.
Die Projekte werden seit 13 Jahren von dem geballten Herrschaftsapparat - Regierung, politische Parteien, Polizei, Justiz und den Medien - vorangetrieben. Diese üben finanziellen Druck aus, Zwangsmaßnahmen, Gewalt, Lügen und Manipulation und schrecken auch nicht vor Mord zurück. Im Dorf Maikanch wurden am 16.12.2000 bei einer Protestkundgebung drei Adivasis erschossen.
Massenrepression, Gewalt und Terror eskalierten insbesondere zwischen 2004 und 2005. Von der Regierung wird in diesem Konflikt weder die Verfassung noch die Gesetze respektiert, die die Rechte der Adivasis unter besonderen Schutz stellen.
Derzeit ist die Situation in Kashipur sehr kritisch. Viele weitere Projekte sind in der Region und anderswo in Orissa vorgesehen. Dabei gibt es immer wieder massive Menschenrechtsverletzungen, so zum Beispiel in Kalinganagar, wo im Januar 2006 zwölf Adivasis erschossen wurden.
In einem Großteil der betroffenen Gebiete leben die Adivasigemeinschaften bereits seit hunderten von Jahren. Nur durch eine Verknüpfung des lokalen Widerstandes mit breiten Solidaritä von Außen kann das Vordringen der Großindustrie, die die Adivasigemeinschaften und die ganze Natur für immer zerstören würde, gestoppt werden. Der Widerstand in Kashipur macht Mut, das eine andere Lebensweise, die eng an die Werte eines gleichberechtigten Lebens, an Freiheit und den Einklang mit der Natur gekoppelt ist, eine Chance hat.