Hintergrund zum Abschiebelager Bramsche-Hesepe
Von freiwilliger Ausreise zu sprechen, ist zynisch, die Realität wird
hierdurch geradezu auf den Kopf gestellt. Denn die LagerbewohnerInnen sind
Tag für Tag einem umfassenden Schikanesystem ausgesetzt. Sie sollen auf
diese Weise nicht nur isoliert, sondern auch mürbe und perspektivlos
gemacht werden. Hierzu gehört auch, dass den BewohnerInnen in der lagerinternen
Ausländerbehörde immer wieder von neuem ein Papier vorgelegt wírd,
in dem sie aufgefordert werden, schriftlich ihre Bereitschaft zur freiwilligen
Ausreise zu bekunden. Konkret bedeutet das vor allem, dass sie sich aktiv
um Reisepapiere kümmern sollen, denn nur so kann ihre Abschiebung zügig
umgesetzt werden, spätestens wenn ihr Asylverfahren endgültig abgeschlossen
ist. Sind sie erfolglos oder verweigern dies (und etliche Flüchtlinge
tun das, schließlich wollen sie sich nicht zu Handlangern ihrer eigenen
Abschiebung machen), werden Strafen angedroht oder verhängt, wie z.B.
Kürzung oder Streichung des Taschengeldes oder Strafbefehle wegen Nichtmitwirkung
bis zu 700 Euro (was viele als Ersatzfreiheitsstrafe absitzen, denn die meisten
haben kein Geld).
Die Unterbringung in Bramsche-Hesepe ist zeitlich unbefristet - Freiwillige
Ausreise oder Abschiebung sind die einzigen 'Angebote', die den BewohnerInnen
seitens der Behörden unterbreitet werden. Manche Flüchtlinge, darunter
viele Familien, befinden sich deshalb schon seit Jahren im Abschiebelager.
Und dennoch ist die Zahl der so genannten Freiwilligen Ausreisen gering. Die
weitaus größere Zahl von Flüchtlingen, die das Lager verlassen,
zieht ein Leben in der Illegalität vor oder wird abgeschoben - ein von
den zuständigen Landesbehörden in Hannover unumwunden eingeräumter
Sachverhalt.
Die systematische Fremdbestimmung, Demütigung und Zermürbung in
Lagern à la Bramsche-Hesepe verlängert die an den Außengrenzen
der EU tagtäglich praktizierte Barbarei. Denn auch dort geht es im Kern
um Abschottung, willkommen sind lediglich temporäre Arbeitskräfte
- etwa ErntehelferInnen - sowie ein gewisser Bodensatz papierloser ArbeitsmigrantInnen.
Vor diesem Hintergrund dürfte verständlich werden, weshalb die in
Bramsche immer wieder hochkochenden Proteste seitens der BewohnerInnen nicht
nur auf eine Verbesserung der Situation im Lager zielt, so bedeutsam selbst
kleinste Änderungen sein mögen. Der Kampf gegen Lager ist vielmehr
ein Kampf für Bleiberecht. Zweierlei steckt hinter der Forderung:
Einerseits das Wissen - auf Seiten der Flüchtlinge eingebettet in persönliche
Erfahrungen, dass Flucht und Migration untrennbar mit globalen Gewalt-, Ausbeutungs-
und Abhängigkeitsverhältnissen verflochten sind. Die Karawane der
Flüchtlinge und MigrantInnen hat deswegen ihre Tour unter das Motto gestellt:
Wir sind hier, weil ihr unsere Länder zerstört! Andererseits die
Maxime, wonach alle Menschen gleich sind und deswegen das Recht auf gleiche
Rechte einen unhintergehbaren Ausgangspunkt jeder auf globale Gerechtigkeit
abstellenden Politik sein sollte. - karawanegruppe -
Die Karawane endet auf dem Internationalen Migrations-Aktionstag am 4. Juni
in Rostock.
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