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THEMA: Grenzüberschreitungen
ORT: Berlin - Bulgarien
ZEIT: 9. November 2014
BILDMAPPE: Ablage im Bildarchiv / 79 \

Erster europäischer Mauerfall

"Während in Berlin inhaltsleere Ballons in die Luft steigen und die üblichen Gedenkenträger nostalgische, verschleiernde und sedierende Reden halten, bringen wir die europäische Außenmauer mit Bolzenschneidern zu Fall! Hunderttausende Menschen sehnen hinter den europäischen Mauern einen neuen Mauerfall herbei." (Cesy Leonard)

Zum 25-jährigen Jubiläum des deutschen Mauerfalls organisiert die Künstlergruppe Zentrum für politische Schönheit ihren eigenen Mauerfall, und erinnert mit einer provokativen Aktion an die Toten an den Außengrenzen Europas. Dazu fahren rund einhundert Aktivist*innen in einem 130-stündigen Trip zum türkisch-bulgarischen Grenzzaun, bewaffnet mit Bolzenschneidern und Metallsägen.

Die Gedenkkreuze für die Maueropfer im Regierungsviertel waren schon zuvor 'geflüchtet', "um am Tag des Mauerfalls bei den Menschen zu sein, die die Flucht nach Europa durch die Höhe und den Schrecken der europäischen Außenmauern mit Sicherheit nicht alle überleben werden". (ZPS) Jedes Jahr sterben tausende Menschen, die vor Krieg, Verfolgung oder Hunger nach Europa fliehen wollen, bei ihrer Flucht.

Die Entwendung der Gedenkkreuze in Verbindung mit der Aktion des Zentrums für politische Schönheit löste jede Menge Aufregung aus. Die "BZ" hyperventilierte auf einer empörten Titelseite, der Staatsschutz ermittelte, CDU-Innensenator Henkel sah die Würde der Mauertoten durch die Aktion gefährdet. Als die Aktivisten sich versammelten, um in zwei Bussen Richtung Bulgarien aufzubrechen, marschierte eine halbe Einsatzhundertschaft Polizei vor dem Maxim Gorki Theater auf und filzte alle Teilnehmer. Und auch das Maxim Gorki Theater selbst geriet unter massiven Druck, weil es die von Crowdfunding-Spenden finanzierte Aktion unterstützt hatte. Auf die Vorwürfe, hier würde das Andenken an die Mauertoten politisch funktionialisiert, reagiert die Schriftstellerin Mely Kiyak in ihrer Theaterkolumne: "Die Mauertoten der DDR und die Mauertoten an den EU-Außengrenzen sind ein und dasselbe. Regime schließen sich ein oder aus. Und der Mensch darf nicht mehr frei entscheiden, wo er leben will. Eine Grenze. Ein Übertritt. Ein Schuss. Eine Grenze, ein Boot, Ertrinken. Das ist so bitter, so wahr und so sehr Gegenwart, dass man die ganzen verdammten Gedenkstätten kaum mehr erträgt. Die Gedenkstätten. Nicht die Toten und ihre Angehörigen. Das muss man immer wieder betonen, weil es offenbar Menschen in unserem Land gibt, die nicht begreifen, dass die Aktion des "Zentrums für politische Schönheit" nicht aus Respektlosigkeit den Mauertoten gegenüber geschah, sondern aus dem genauen Gegenteil. Aus Empathie zu diesen Opfern. Und aus Empathie mit den Flüchtlingen von heute."

Die Aktivisten vom Zentrum für politische Schönheit wurden von der Grenzpolizei Bulgariens rüde abgewiesen, ihre Aktion hat die Diskussion über Gedenken und aktueller Asylpolitik trotzdem deutlich belebt.

 



Fotos: Oliver Feldhaus, Robin wolff
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